Ende September stimmen die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über vier wichtige Vorlagen ab: Die Tierhaltungsinitiative, die AHV-Reform und damit einhergehend eine minime Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie die Reform der Verrechnungssteuer. Bundesrat, Ständerat, Nationalrat, sämtliche bürgerlichen Parteien sowie Wirtschafts- und Branchenverbände empfehlen die Tierhaltungsinitiative zur Ablehnung. Die drei anderen Vorlagen empfehlen sie zur Annahme.
Nach Corona droht bereits die nächste Krise. Unsere Energieversorgung ist gefährdet, es droht eine Inflation und weltweit stocken die Lieferketten. In diesen schwierigen Zeiten stimmen wir Ende September über vier nationale Vorlagen ab. Es geht um folgende Themen: Die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln, die AHV-Stabilisierung und um das Zurückholen von Wertschöpfung, Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen in die Schweiz. Gerade vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Unsicherheiten gewinnen die Abstimmungen an grosser Bedeutung.
Nein zur Tierhaltungsinitiative
Die Schweiz hat eines der schärfsten Tierschutzgesetze. Die Schweizer Landwirte halten sich an viele Auflagen und Vorschriften. Gleichzeitig sind wir uns einig, dass die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln aus heimischer Produktion in Zeiten von Knappheit und weltweiten Lieferproblemen besonders wichtig ist. Die ausserordentlich strengen Vorgaben der Tierhaltungsinitiative jedoch verteuern die Schweizer Lebensmittelproduktion und machen uns abhängig von Importen aus dem Ausland. Es leiden die Versorgungsicherheit und die einheimische Produktion. Ich bitte deshalb um ein deutliches Nein am 25. September, auch, weil ich unseren Bäuerinnen und Bauern und ihrer Tierhaltung vertraue.
JA zu 0,4 Mehrwertsteuer-Prozenten für die AHV
Gerade in unsicheren Zeiten sind Reformen nötig. Die Schweiz muss ihre Verantwortung übernehmen und unser wichtigstes Sozialwerk auch in Zukunft sichern. Wo bei der Gründung der AHV noch sechs Erwerbstätige einem Rentner gegenüberstanden, sind es heute zwei gegenüber einem. Zur finanziellen Stabilisierung braucht die AHV zusätzliche Einnahmen. Eine Erhöhung um 0,4 Prozente der Mehrwertsteuer ist angemessen. Sie hilft, die Finanzlage des Sozialwerkes zu stabilisieren. Die Mehrwertsteuer soll von 7,7 Prozent auf 8,1 Prozent erhöht werden. Ein verkraftbarer Schritt. Und gleichzeitig ist es ein solidarischer Akt. Von Jung bis Alt tragen damit alle zu einer besseren Finanzierung der AHV bei. Das ist wichtig, denn durch die Pensionierung der Babyboomer kommen neue finanzielle Herausforderungen auf die AHV zu. Es ist entscheidend jetzt Verantwortung zu übernehmen. Die Zusatzfinanzierung der AHV verdient darum ein klares Ja.
JA zur Angleichung des Rentenalters der Geschlechter
Auch ein deutliches Ja verdient die Angleichung des Rentenalters der Frauen. Die unterschiedlichen Rentenalter bilden ein patriarchales Relikt aus den 50er Jahren. Ich bin überrascht, dass sie ausgerechnet aus linker Warte verteidigt werden. Die Zeit ist reif für Gleichberechtigung – auch beim Rentenalter. Dass die Frauen in der AHV diskriminiert werden, ist falsch. Das Gegenteil ist der Fall. Die betroffenen Frauen werden in den kommenden neun Jahren zusätzlich finanziell entschädigt. Und erst in 13 Jahren sind dann die Bedingungen für beide Geschlechter in der AHV wirklich gleich. Das ist ein guter und fairer Kompromiss. Reformblockaden von Links und Maximalforderungen der Gewerkschaften gefährden die Stabilität des Sozialwerkes.
Wenn vorsätzlich behauptet wird, die Vorlage führe zum AHV-Alter 67, sind auch dies Erfindungen. Ich bitte also um ein zweifaches Ja. Gibt es ein Nein zu einer Vorlage, gelten beide Vorlagen als abgelehnt.
JA zum Standort Schweiz
Irreführende Propaganda beherrscht leider auch die Diskussion rund um die Anpassung Verrechnungssteuer. So wird etwa behauptet, dass die Verrechnungssteuer ganz abgeschafft wird. Oder dass die Reform russischen Oligarchen nützt. Beides stimmt ganz klar nicht. Die gezielte Reform der Verrechnungssteuer ist zielgerichtet und im Interesse der ganzen Schweiz. Es profitieren vor allem Kantone, Städte und Gemeinden. Heute vertreibt die Verrechnungssteuer das Geschäft mit Obligationen ins Ausland. Etwa nach Luxemburg oder London. Die Reform holt Geschäfte, Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zurück in unser Land. Die Reform wird zu einem Zusatzwachstum der Schweizer Volkswirtschaft von jährlich wiederkehrend rund 0.5% führen und ist damit eine Investition in die volkswirtschaftliche Stärke der Schweiz, die allen Menschen, die hier leben, zugutekommt. Wir wissen es: der internationale Druck auf die Schweiz steigt, es ist unerlässlich, unsere Wettbewerbsfähigkeit dort zu optimieren, wo wir dies mit unserer eigenen Gesetzgebung tun können. Deshalb sage ich Ja zu Reform der Verrechnungssteuer. Ja, zu unseren Unternehmen, zu unseren Arbeitsplätzen, zu unserem Schweizer Standort.
Von Nationalrätin
Marianne Binder-Keller